Gerd Kühr

*  28. Dezember 1952

von Sonja Huber Wolfgang Fuhrmann

Essay

»Ich persönlich möchte da ja geradezu für ein Verbot von jeglichem ›Lʼart pour lʼart‹-Gedanken einstehen …« (zit. n. Stenzl 1994, 627). Nur selten hat Kühr seine kompositorische Grundhaltung in einer solchen Direktheit formuliert; als roter Faden zieht sie sich jedoch durch beinahe alle seine Äußerungen der vergangenen Jahrzehnte. Die Rolle der Musik und insbesondere des Komponisten innerhalb der Gesellschaft ist für ihn eindeutig: »Wenn Kunst sich nicht als unmittelbarer Ausdruck der Gesellschaft … versteht – und diesen Anspruch hat zuallererst der Schaffende zu stellen –, wird sie dekorativ, ersetzbar« (Kühr 1995a, 312). Er möchte keine dezidiert »politische« Musik schreiben, aber eine, die den Hörer zum Nachdenken anregen, mitunter betroffen machen soll, eine Musik, die Fragen stellt und infrage stellt. Dazu vertraut er auf die unmittelbare Wirkung der Musik, die »über ihr immanente, m.E. kaum beschreibbare Gesetzmäßigkeiten in bezug auf ihre Sprachlichkeit« (ebd., 311) verfüge.

Leise, subtile Klänge sowie eine elegische, mitunter tragische Grundhaltung schließen jedoch gestisch-zupackende oder ironische Momente nicht aus. Das Entwickeln eines gesamten Werkes aus einer »Urzelle«, oft aus einem einzelnen Zentralton, ist für Kührs Schaffen ebenfalls charakteristisch. In formaler Hinsicht sieht er die »Kreisform« als »tektonisches ...